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Das Reinigen von Gemälden

Das Reinigen alter Gemälde ist in den meisten Fällen nicht schwer.
Es genügt, einige einfache Regeln zu beachten. Aber Vorsicht: die Sache ist nicht immer so einfach.


Gehört die Restaurierung von Gemälden zu den Aufgaben des Einrahmers?
Im allgemeinen nicht, denn sie erfordert gewisse technische und berufsmäßige Kenntnisse, die ein Einrahmer weitgehend nicht besitzt.
Es ist daher vorzuziehen, den Kunden an einen erfahrenen Restaurator weiterzuleiten.
Es gibt jedoch einen Restaurierungsvorgang, den der Einrahmer leicht ausführen kann: das Reinigen von Gemälden.
Dies wird von Kunden ziemlich häufig verlangt und könnte zu einer zusätzlichen Einnahmequelle für den Einrahmer werden.
Sie haben sicher schon von gewissen Wunderrezepten zum Reinigen von Gemälden gehört: Milch, in Scheiben geschnittene rohe Kartoffeln, Zwiebeln oder ähnliche Einfälle: diese können Sie vergessen.
Alle diese Stoffe würden häßliche Rückstände auf dem Gemälde hinterlassen.
Ein ebenso empirisches, aber wissenschaftlich korrekteres System wäre nach Meinung des Restaurators Helmut Ruhemann, Verfasser des Buches “The Cleaning of Paintings”, die Verwendung von Speichel.
Es handelt sich nicht darum, das ganze Gemälde abzulecken, erklärt Paul Frederick in seinem Handbuch “The Framer’s Answer Book”, denn die Reinigung sehr großer Gemälde würde in diesem Fall einige Jahre Arbeit erfordern!
Man müßte also Speichel in einem Gefäß sammeln (scheuen Sie sich nicht, Angehörige und Mitarbeiter um ihren Beitrag zu bitten) und anschließend mit einem Pinsel auf das Gemälde auftragen. Alternativ dazu könnte man ... direkt auf das Gemälde spucken und den Speichel dann mit einem Pinsel oder mit einem Wattebausch verteilen.

 

ragazzo che sputa sul pennello         ragazzo che sputa sul quadro

 

Aber wahrscheinlich lieben sowohl Ruhemann als auch Frederick das Paradoxe und die Provokation.
Wir werden uns deshalb mit orthodoxeren und vor allem hygienischeren Methoden befassen.
Zunächst sollte sich der Einrahmer Grundkenntnisse über die wichtigsten Techniken der Malerei sowie über die verwendeten Materialien aneignen: Öl- und Wasserfarben, Firnisse, Leinwände, Keilrahmen usw.
Bevor man sich mit der Reinigung des Bildes befaßt, sollte man die Epoche kennen, in der das Gemälde entstanden ist, denn in jeder Epoche wurde anderes Material verwendet.
Außerdem wäre es sehr nützlich, den Handelswert des Bildes annähernd zu kennen und auch zu wissen, wie wichtig das Bild für den Kunden ist (Liebhaberwert).
Diese Informationen kann der Einrahmer als Richtlinie für den Reinigungsvorgang selbst und für die Einschätzung des Risikos im Fall eines Mißerfolges verwenden: bei hohem Risiko ist es besser, sich an einen Restaurator zu wenden.
Wir werden hier besonders auf ein Produkt eingehen, das unserer Ansicht nach sehr wirkungsvoll ist: “Anacrosina”, eine seifige Flüssigkeit, die aus verschiedenen Lösungsmitteln besteht. Dieses Produkt ist ziemlich bekannt, leicht erhältlich und relativ leicht zu verwenden; es kann also auch von einem Einrahmer verwendet werden, der nicht viel Erfahrung hat. (Rinaldins Bestellcode 5251).
Das nachstehend erklärte Reinigungsverfahren gilt jedoch auch für andere, ähnliche Produkte:
Zuerst fahren Sie mit einer weichen Bürste über das Gemälde, um Staub und Schmutz auf der Oberfläche zu entfernen.
Danach untersuchen Sie das Gemälde sehr sorgfältig. Wenn die Farbe rissig ist oder in Schuppen abblättert, dann lassen Sie die Finger davon: diese Arbeit gehört in die Hände eines Restaurators und ist für einen Einrahmer nicht geeignet.
Ist die Oberfläche dagegen in einem guten Zustand, dann machen Sie ruhig weiter. Legen Sie das Gemälde horizontal auf den Arbeitstisch. Wenn es mit Keilrahmen versehen ist, dann legen Sie Kartons darunter, um die Dicke des Keilrahmens auszugleichen; dadurch wird vermieden, daß sich die Leinwand aufgrund der anschließenden Reinigungsarbeiten lockert.
Jetzt verteilt man das Anacrosina vorsichtig und gleichmäßig mit einem weichen Pinsel auf dem ganzen Gemälde. So werden Firnis und Schmutz verseift. Danach vollständig trocknen lassen: im allgemeinen genügt eine Viertelstunde, aber die Trocknungszeit variiert je nach Umgebungstemperatur und aufgetragener Produktmenge.
Jetzt kann man die Kruste aus angetrocknetem Anacrosina, Firnis und Schmutz entfernen. Zu diesem Zweck taucht man einen Schwamm (der möglichst nicht synthetisch sein sollte) in warmes (nicht heißes) Wasser, drückt ihn leicht aus und wischt damit das Gemälde ab. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis das ganze Gemälde von der Kruste befreit ist.
Ein Hinweis: um böse Überraschungen zu vermeiden, wäre es ratsam, das ganze Reinigungsverfahren zuerst nur an einer Ecke des Gemäldes auszuprobieren.
Nach Beendigung des Reinigungsvorganges läßt man das Gemälde trocknen, um Schimmelbildung aufgrund der Feuchtigkeit zu vermeiden. Das Bild muß am Ende ganz trocken sein, sowohl auf der Seite des Gemäldes als auch auf der Rückseite der Leinwand.