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“Versteckte Kamera”

Wir haben die Vorgehensweise von verschiedenen Einrahmern bezüglich Preise, Organisation, Kundenberatung beobachtet. Aus dem Test, den wir im Herbst 2015 ausgeführt haben, haben wir interessante Schlussfolgerungen ziehen können.


Wir haben 10 Kunstdrucke in Grösse 25x35 cm bei 10 verschiedenen Einrahmern in Verona zum Einrahmen eingereicht, ohne zu sagen, dass es sich um einen Test handelte.
Eine Art “versteckte Kamera” bei der ein Mitarbeiter von uns sich als Kunde dargestellt hat und das Benehmen der verschiedenen Einrahmer beobachtet hat.
Gespräche, Vorschläge, Gesten sind danach analysiert und die Rahmen auseinandergenommen worden, um sie zu überprüfen.



Folgen wir nun unseren “falschen” Kunden, den wir Herr Rossi nennen werden, im ersten Einrahmergeschäft: “Ich möchte diesen Kunstdruck einrahmen lassen. Der Rahmen sollte schmal und nussfarbig sein und eine Goldlinie haben”.
Mit dieser Anfrage wollten wir unseren Test auf einen normalen einfachen Rahmen ansetzen, der von vielen Einrahmern angeboten wird, um die verschiedenen Preise analysieren zu können.
“Ich möchte das Bild mit einem 5 cm breiten Passepartout erweitern” fährt Herr Rossi fort.
Nach einigen Überlegungen ist man zur Auswahl des Rahmens und des Passepartouttypes übergegangen.
Die gleiche Szene hat sich bei den restlichen 9 Einrahmen wiederholt.

Wir sind zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen:


Der Preis

Herr Rossi hat natürlich nach dem Preis gefragt.
Nachfolgende Tabelle enthält die Preise der verschiedenen Einrahmer: vom niedrigsten, 24 €, bis zum teuersten, 50 € mit einem Durchschnittspreis von 30,90 €.



Rahmen-
maß
Preis
32 x 42 € 26
32 x 40 € 24
33 x 43 € 31
30 x 37 € 25
33 x 43 € 26
33 x 43 € 28
34 x 44 € 35
35 x 45 € 29
37 x 44 € 35
32 x 40 € 50


Durchschnitts-
preis
€ 30,9

Es springt besonders ins Auge, dass ein erheblicher Unterschied zwischen dem niedrigsten und dem höchsten Preis ist. Wie ist dies zu erklären? Der höhere Preis ist der eines bekannten Einrahmers, der seinen Laden in einem zentralgelegenen Ortsteil hat. Dieser Einrahmer kann womöglich jeden Preis verlangen.
Herr Rossi hat auch beobachtet, wie die verschiedenen Einrahmer den Einrahmungspreis kalkuliert haben.
Drei von Ihnen haben den Preis nach Augenmass kalkuliert, zwei haben ihn mit einem Taschenrechner berechnet, 4 Einrahmer haben den Preis mit dem Computer und einem Programm für Einrahmer berechnet.
Ein Verkäufer hat seinen Chef, der hinten in der Werkstatt war, um den Preis gefragt.
Zu erwähnen ist, dass 2 der 10 Einrahmer den Anfangspreis nicht eingehalten haben. Einer hat den Endpreis um 5 € und ein anderer um 3 € erhöht.
Der Einrahmer, der diesen Beitrag liest, kann anhand obiger Tabelle feststellen, ob sein Preis bei dieser Einrahmung über oder unter dem Durchschnittspreis gelegen hätte.


Der Bestellschein

Nur 5 der Einrahmer haben die Bestellung auf einem Bestellschein mit Angabe der Masse und des Preises notiert und Herrn Rossi eine Kopie übergeben. Alle anderen haben sich auf Papierblöcke und Zettel oder auf der Rückseite des Druckes Notizen gemacht.
Acht Einrahmer haben sich den Namen des Herrn Rossi notiert, nur 6 seine Telefonnummer, keiner seine Adresse.
Diesen Aspekt hat uns sehr enttäuscht, weil wir davon ausgegangen ist, dass es heutzutage üblich ist, dem Kunden bei der Bestellung einer Einrahmung eine Quittung zu hinterlassen.
Alle Einrahmer haben sich allerdings freundlich bei der Auswahl des Rahmens zur Verfügung gestellt.


Die Anzahlung

Keiner der Einrahmer hat um Vorauszahlung oder um Anzahlung gebeten.
Der Preis war zwar nicht sehr hoch, aber Herr Rossi war eigentlich für alle ein unbekannter Kunde.
Der Kunstdruck hatte einen sehr geringen Wert, sodaß man keinerlei Sicherheit hatte, dass die Einrahmung auch abgeholt wird.
Nichtsdestotrotz hatte Herr Rossi die Anweisung zu Fragen, ob er eine Anzahlung leisten sollte.
Acht Einrahmer haben geantwortet: “Nein, brauchen Sie nicht.” Einer hat gesagt: “wenn Sie möchten…das was sie jetzt zahlen, brauchen Sie später nicht zu zahlen”. Ein anderer hat einfach gesagt: “Wie Sie wollen..”


Der Abholtermin

Nur drei der Einrahmer haben von sich aus den Abholtermin mitgeteilt, die anderen sieben, haben dies nur auf Anfrage getan.
Die Abholtermine unserer Einrahmer schwankten von 4 bis 14 Tagen, mit einem Durchschnitt von 9 Tagen.
Vier Einrahmer haben den zugesagten Abholtermin nicht eingehalten. In zwei Läden hat Herr Rossi zweimal hingehen müssen, um sein Bild abzuholen. Bei einem Einrahmer sogar viermal.
Die Grafik gibt die Abholtermine der verschiedenen Einrahmer an. Die Verspätungen sind in grün angegeben.


Die Graphik stellt die zugesagten Abholtermine dar.
Die Verspätungen sind in grün angegeben.



Nachdem er endlich alle Rahmen abgeholt hat, bringt der erschöpfte Herr Rossi, sie in der Einrahmungswerkstatt von Rinaldin, wo sie katalogisiert, abmontiert und ins Detail überprüft worden sind. Aus der “Autopsie” haben wir interessante Feststellungen gemacht:



Masse

Das Bild, das genau 25x35 gross war, ist mit einem Passepartout von 4-5 cm erweitert worden, was den Rahmen zu einer Grösse von ca. 34x44 cm gebracht hat.
Nur einer der Einrahmer hat das Rahmenmass genau auf 35x45 cm gebracht. Alle anderen haben das Mass nicht aufgerundet.
Man könnte behaupten, dass es bei den Einrahmern nicht üblich ist, die Masse su standardisieren. Obwohl dies zu Zeit- und Materialersparnis führen würde.


Der Rahmen

Es wurde ein nussfarbiger Rahmen mit Goldlinie bestellt aber in zwei Fällen war der Rahmen ohne Goldlinie.
Die Qualität der Leisten war in der Regel gut, nur bei einem Rahmen, waren auf zwei Seiten Holzrisse zu sehen.
Einer von den zehn Rahmen wurde mit Nägel an der Aussenseite geheftet. Für die anderen neun Rahmen war das Heften mit einer Heftmaschine ausgeführt worden. Zwei Rahmen wiesen Spalten an den Gehrungen auf. Die Schlussfolgerung ist, dass 90% der Einrahmer eine Rahmenheftmaschine besitzt, sie aber nicht immer richtig bedienen kann.
Alle Rahmen wurden an den Ecken retuschiert.


Das Passepartout

Der Schnitt war in mindestens zwei Fällen nicht perfekt. Die Ecken überscheideten sich.
Bei fast allen Rahmen war das Passepartout cremefarbig. Ein Einrahmer hatte von sich aus eine Verzierung angebracht.


Wie war das Bild am Passepartout fixiert?

In vier Fällen mit Papierband, mit PVC-Band in fünf Fällen. In einem Fall mit Doppelklebestreifen auf der Vorderseite des Druckes. Dieser letzter Fall ist zu vermeiden, da das Bild nicht mehr verwendbar ist, wenn der Rahmen gewechselt wird.
In vier Fällen wurde der Klebesteifen nicht nur auf die obere Seite, sondern auch auf die anderen Seiten. Das ist auch falsch, da sich das Papier durch klimatisches Schwanken nicht ausbreiten oder einschrumpfen kann und dadurch Wellen entstehen können.
Leider ist in keinem Fall ein säurefreies Klebestreifen (wie der Filmoplast) benutzt worden.


Die Bilderöse

Bei allen Rahmen wurden Klappösen angebracht. Bei einem eine Barocköse.
Sie wurden alle mit Nägel angebracht, ausser eine, die durch Einschiessen von Klammern befestigt war. Man hatte dabei sogar versucht, die zwei Löcher zu zentrieren.
Bei fast allen Rahmen ragte der Haken zu sehr aus dem Rahmen raus. Das sollte man vermeiden. Der Haken müsste fast unsichtbar sein.


Die Rückwand

Die meistgebrauchte war die graue Pappe (in 7 Fällen).
Bei einem Rahmen waren zwei Kartonstücke nebeneinander mit Klebesteifen geklebt worden.
Bei einem anderen wurde ein alter, abgenutzter Karton benutzt, worauf Schnittspuren zu sehen waren.
In zwei Fällen wurden Schaumstoffplatten verwendet und in einem Wellpappe.
Die Rückwand fixiert man normalerweise mit Nägel, die mit dem Tacker F18 geschossen werden. Das wurde auch von der Hälfte der Einrahmer getan. Die anderen fünf Rahmen wurden alle mit verschiedenen Systemen geschlossen: Nägel, die mit einem Hammer hineingehämmert wurden, Nägel mit pneumatischem Tacker, Klammern oder Plättchen.


Das Schutzpapier

In drei Fällen wurde ziemlich dünnes weisses Papier benutzt (60g /m2), das am Rahmen geleimt worden war.
In vier Fällen wurde graue Pappe oder anderer Karton benutzt. Ein Rahmen war mit weissem Papier versehen, das mit dem Namen des Einrahmers gedruckt war. Ein anderer Rahmen wurde einfach mit 5-cm-breitem Packband geschlossen, hatte hinten also keinen Schutz.


Die Unterschrift des Einrahmers

Kein Rahmen wurde mit einem Etikett mit Firmenname versehen. Nur zwei wiesen einen Firmenstempel auf.
Ein Rahmen war, wie wir schon erwähnt haben, mit personalisiertem Papier geschlossen worden.


Die Verpackung

Fünf Einrahmer haben braunes Packpapier benutzt, zwei weisses Papier und zwei altes Papier, wahrscheinlich aus anderen Verpackungen.
Nur einer hat personalisiertes Packpapier verwendet.
Ein Einrahmer hat das Bild in Packpapier eingepackt und es dann in eine elegante Tragetasche getan. Das war der Einrahmer, dem wir den teuersten Preis verzeihen mussten. (50 €).